Bundesverdienstkreuz für Gisela Kolaschnik

Gisela Kolaschnik, Ehrenmitglied und Gründerin des VAMV Bremen, bekommt am 02.Dezember 2013, von Bundespräsident Joachim Gauck, für ihr Engagement in der Frauenpolitik, das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Das Wirken von Gisela Kolaschnik für insbesondere Frauen in Bremen

Gisela Kolaschnik ergriff 1975 die Initiative und gründete mit Mitstreiterinnen den Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), Landesverband Bremen e.V.

In den folgenden Jahren widmete sich Frau Kolaschnik, davon immerhin 8 Jahre als Landesvorsitzende, mit viel Tatkraft aber auch nachhaltig, intensiv der Aufgabe die Situation von Alleinerziehenden real, wie auch im Kontext der politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse zu verbessern.

 

So stellte noch in den siebziger Jahren die Lebenssituation alleinerziehender Mütter und Väter für die Gesellschaft einen gewissen Ausnahme- und Mangelzustand dar. Diese Lebensform entsprach nämlich nicht der vorherrschenden wertkonservativen familienpolitischen Normung. In dieser Zeit gab es noch für die Alleinerziehenden offiziell die Bezeichnungen wie „Rumpffamilie“ oder „unvollständige Familie“.

 

Als alleinerziehende Mutter von vier Kindern, erfuhr Frau Kolaschnik aus eigenem Erleben, dass es den Müttern und Vätern, die in dieser Familienform in der damaligen Bundesrepublik lebten, an Hilfe und Unterstützung in erheblichem Maße mangelte. Im Bewußtsein dieses auch vom seinerzeitigen gesellschaftspolitischen vernachlässigten Familienbild initiierte Sie anfangs noch einen lockeren Zusammenschluß mit anderen betroffenen Frauen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Sie erhoben die Maxime  “Klagt nicht - Organisiert euch!“ zu ihrem Leitsatz.

 

Ziel des Engagements war es auch, die Situation der Alleinerziehenden aufzuzeigen und die Isolation der Betroffenen durch selbstorganisierte Freizeitangebote und Beratungen zu durchbrechen. Die hilfesuchenden Mütter und Väter sollten so aufgefangen und stabilisiert werden. Ein weiteres Mittel um dies zu erfüllen wurde durch intensive Beratung, insbesondere telefonisch, geleistet, und zwar überwiegend von Frau Kolaschnik. Weil viele Frauen nach der Scheidung völlig mittellos da standen, wurden die Themen Hilfe zum Lebensunterhalt, Unterstützung bei der Wohnungssuche, Kinderbetreuung bei Berufstätigkeit etc, prägendes Moment dieser Beratungen. Über das Maß der formalen Beratung in Angelegenheiten der Bewältigung von Problematiken, wie u.a. die Auseinandersetzung mit Ämtern und Behörden, wurde auch immer als sehr wichtiger Punkt die seelische Betreuung  nicht vernachlässigt. Die Frauen brauchten wieder Mut und Kraft, mußten sie doch Selbstvertrauen aufbauen um den Alltag, nun allein mit den Kindern, zu bewältigen.

Frau Kolaschnik war daher telefonisch Tag und Nacht zu erreichen, wenn es Probleme gab. Selbst die Telefonseelsorge nutzte das Engagement von Frau Kolaschnik und leitete Hilferufe von alleinerziehenden Müttern an Gisela Kolaschnik weiter. Nebenher organisierte sie Treffen, damit die   Mütter und Väter sich kennenlernen und gegenseitig unterstützen konnten, zuerst in ihrem Wohnzimmer, als das zu klein wurde, mietete der neugegründete Verein dann im Juni 1977 Räume in der Bürgermeister-Deichmann-Str. 28 an.

 

Zur Verstärkung und aus Gründen der Dezentralisierung der Arbeit von und mit Alleinerziehenden kümmerte sich Gisela Kolaschnik um die Gründung von Stadtteilgruppen im Lande Bremen. Insbesondere in den sozialen Brennpunkten der Stadt Bremen und später auch Bremerhaven bildeten sich mit ihrer Unterstützung aktive Gruppen alleinerziehender Mütter und Väter.

 

Um der außergewöhnlichen Belastung von Alleinerziehenden zu begegnen und die Isolation aufzulösen, sorgte Frau Kolaschnik dafür, daß die Mütter und Väter mit Ihren Kindern auch einmal vom Alltag entspannen konnten. Dazu organisierte sie Wochenenden, an denen zusammen verreist wurde, oder man traf sich beispielsweise zum gemeinsam Kochen. Ebenfalls wurden die Weihnachts- und Silvesterfeiern gegen den an den Feiertagen entstehenden speziellen Isolationsfrust gemeinsam verbracht.

 

 

Um auch die politischen Forderungen in reale Politik umzusetzen sprach Frau Kolaschnik mit den zuständigen Politikern und führte interessengelagerte Gespräche in den Behörden. Es ging ihr dabei darum, die Benachteiligungen alleinerziehender Mütter und Väter gegenüber der „vollständigen“ Familie aufzuzeigen. Ihr Hauptbetätigungsbereich richtete sich daher auf Themen wie:

 

 

 

-          ausreichende Kinderbetreuungsstätten,

 

-          familiengerechter Wohnungsbau

 

-          ausreichende Unterhaltssicherung,

 

-          Berücksichtigung der Erziehungszeiten bei der Rente,

 

-          Sonderregelungen bei der Berufsausbildung

 

-          Berufstätigkeit,

 

-          Erholungsfürsorge,

 

-          Weiterbildung

 

-          Unterstützung in Notfällen

  

Außergewöhnlich trat sie aber auch bundesweit gemeinsam mit dem Bundesverband des VAMV dafür ein, daß die Absicherung der Unterhalsansprüche für Kinder, wenn der Unterhaltsverpflichtete ausfiel oder nicht gewillt war seiner Obliegenheit nachzukommen, durch den Staat ausgestaltet wird. Diese Forderung führte dann 1980 in die gesetzliche Installation des Unterhaltsvorschußkassengesetzes. Bis dahin war es für die Betroffenen unerträglich in der ständigen Unsicherheit zu leben, wenn der Unterhalt für die Kinder nicht gesichert war.

  

Bis heute steht Frau Kolaschnik dem Verband alleinerziehende Mütter und Väter, Landesverband Bremen, e.V. unterstützend zur Seite. So hat sie in den letzten Jahren regelmäßig mit Spendensammlungen dafür gesorgt, daß die Alleinerziehenden mit ihren Kindern an Freizeitveranstaltungen teilnehmen können oder wir bedürftigen Kindern mit Zuschüssen zu Schulmaterial unterstützen konnten. Beispielsweise konnten wir einen Bildungsurlaub mit insgesamt 30 Personen von ihrer Spende organisieren. Ihre Verdienste für die Alleinerziehenden haben wir mit der Ehrenmitgliedschaft in unserem Verband gerne gewürdigt.

  

Nicht vergessen werden darf in einer solchen Würdigung für Frau Kolaschnik auch ihr Einsatz in den letzten Jahren ihrer Erwerbstätigkeit für behinderte Menschen. Sie hat ihre Beschäftigung in einer Behinderteneinrichtung eben nicht nur als Job begriffen, sondern war mit großem Herzen dabei.

  

Zudem war Frau Kolaschnik sehr aktiv in der Szene der Bremer Frauenbewegung, wie z. B. in der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF). Aber auch in der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Bremen hat sie sich intensiv für die Belange von Frauen eingesetzt.

  

Fazit: Wir hier im VAMV sind recht froh, eine solche gute und engagierte Persönlichkeit in unseren Reihen zu haben. Sie hat so manch einer oder einem sehr geholfen und wichtige Anstöße für das weitere Leben gegeben.

 

 Für den Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Landesverband Bremen e.V.

 

 

jens e. schröter

Karin Glade